• Zukunft von St. Mauritius weiter offen

Zukunft von St. Mauritius weiter offen

Kirchengemeinde St. Jakob verliert im Streit mit Landesdenkmalamt und legt Berufung ein

Saarbrücken – Wie geht es weiter mit der ehemaligen, denkmalgeschützten Kirche St. Mauritius in der Moltkestraße in Alt-Saarbrücken? Diese Frage ist weiter offen. Den Prozess gegen das Landesdenkmalamt hat die Kirchengemeinde St. Jakob Alt-Saarbrücken in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes Anfang November 2021 verloren und nun mit Zustimmung des Bistums Trier Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht eingelegt.

Die Kirchengemeinde hatte beim Landesdenkmalamt beantragt, dass das 1953 errichtete Gebäude abgerissen werden darf, damit ein Investor auf dem Grundstück ein Seniorenheim mit betreutem Wohnen bauen kann. Dabei war vertraglich vereinbart worden, dass der Investor einen Teil der denkmalgeschützten Fenster des Künstlers Boris Kleint erhält und in den Neubau integriert. Das Landesdenkmalamt hatte dies mit Verweis auf den Denkmalschutz als nicht ausreichend bewertet und einen Abriss Ende 2018 abgelehnt. Deswegen entschied sich die Kirchengemeinde für den Klageweg. Das Gericht folgte nun der Argumentation des Landesdenkmalamts und sprach sich für den Erhalt des Gebäudes aus. „Wir sehen vom Verwaltungsgericht unsere Argumente nicht angemessen gewürdigt und halten die Entscheidung für falsch. Dieser Auffassung ist auch die Baubehörde des Bischöflichen Generalvikariats, die gute Chancen sieht, dass wir die Berufung gewinnen“, sagt Pfarrverwalter Clemens Grünebach und betont „auch wir sind uns der kulturellen Bedeutung des Denkmals bewusst und denken, mit dem Teilerhalt der wunderschönen Fenster einen Kompromiss gefunden zu haben.“

Als Konsequenz aus dem Urteil hat die Kirchengemeinde die Immobilie und das Grundstück erneut öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben, – bislang habe sich jedoch kein Interessent gemeldet. Der bereits gefundene Investor, mit dem im Mai 2017 ein notariell beglaubigter Kaufvertrag abgeschlossen wurde, kann von dem Vertrag zurücktreten, wenn keine Baugenehmigung erteilt wird. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 600.000 Euro vereinbart, damit verrechnet sind bereits die Kosten für den Abriss.

Zum Hintergrund: Die 1953 errichtete Kirche St. Mauritius wurde im November 2003 entwidmet, da sie als Kirchengebäude aufgrund sinkender Kirchenmitgliederzahlen nicht mehr gebraucht wurde. Bis 2013 war die Hochschule für Musik (HfM) Untermieterin, danach wurde auf Wunsch der HfM das Mietverhältnis wegen nicht nachgewiesener Wasserschäden beendet. „Diese Vermietung für 100 Euro pro Monat war für die Kirchengemeinde bereits ein Verlustgeschäft, allein das Heizen des Gebäudes kostet pro Tag 1000 Euro. Aber das haben wir als unseren Beitrag dafür gesehen, dass Musiker einen geeigneten Proben- und Konzertraum haben“, sagt der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende Reiner Serwas. Seit neun Jahren steht die ehemalige Kirche nun leer.

„Wir haben die Immobilie nach Auszug der HfM öffentlich zum Verkauf angeboten und mit zahlreichen Interessenten Besichtigungen vor Ort durchgeführt“, blickt Serwas zurück. Viele Überlegungen seien angestellt worden, auch die, in das leerstehende Gebäude einen Kindergarten zu bauen, dann aber wieder als nicht realisierbar verworfen worden. Viele Pläne hätten auch die strengen Auflagen des Denkmalschutzes zunichte gemacht. „Es hat sich kein Mieter oder Käufer gefunden, der die Immobilie nutzen kann, ohne Verlust zu machen“, sagt Grünebach. Der Kirchengemeinde selbst fehle das Geld, das Gebäude, für das sie keine Verwendung mehr hat, zu erhalten. Seit Jahren ist ihr Haushalt in den roten Zahlen. „Wir benötigen den Erlös aus dem Verkauf dringend, damit wir unsere beiden Kirchen St. Jakob und Heiligkreuz sowie das Pfarrheim und den katholischen Kindergarten, dessen Bauträgerin wir sind, weiter unterhalten können“, sagt Grünebach. „Uns ist der Klimaschutz wichtig, deswegen wollen wir das Pfarrheim energetisch sanieren, in der Kirche St. Jakob bröckelt in der Sakristei der Putz von der Decke“, sagt der Pfarrer. Die Gebäude würden für die Aufrechterhaltung des seelsorgerischen Angebots wie die Kommunion- und Firmvorbereitungen, Trau- und Trauergespräche sowie Treffen kirchlicher Gruppen wie Chöre, Frauengruppen und Messdiener benötigt. „In dem uns das Verwaltungsgericht den Abriss und Verkauf der ehemaligen Kirche St. Mauritius verwehrt, sehen wir uns in unserem Grundrecht auf freie Religionsausübung eingeschränkt. Denn ohne den Erlös aus dem Verkauf können wir unser religiöses Angebot in Alt-Saarbrücken mittelfristig nicht aufrechterhalten“, betont Grünebach. Während Corona seien wichtige Einnahmen aus Saalvermietungen und auch die Gottesdienstkollekte weggebrochen. In Zukunft sei aufgrund von sinkenden Kirchensteuermitteln auch mit geringeren finanziellen Zuweisungen seitens des Bistums Trier zu rechnen.

So lange keine endgültige Entscheidung getroffen ist, laufen die Kosten für St. Mauritius weiter: 13.000 Euro kostet allein die jährliche Versicherung, weitere 4000 Euro fallen für die Gartenpflege, die Kontrolle der Regenrinne und die Instandhaltung des Schutzgerüstes für den Kirchturm an. Für den Kirchturm, der akut einsturzgefährdet ist, liegt inzwischen eine Abbruchgenehmigung des Landesdenkmalamtes vor: „Ein Abriss des Turms würde 300.000 Euro kosteten –Geld, das wir nicht haben“, sagt Grünebach. Das Bistum Trier gewähre zwar Baukostenzuschüsse, aber unter dem Vorbehalt, dass die juristisch eigenständigen Kirchengemeinden ihren Pflichtanteil selbst aufbringen. „Auch der Bauhaushalt des Bistums ist aufgrund sinkender Einnahmen so knapp kalkuliert, dass nicht für jede wünschenswerte Maßnahme die notwendigen Mittel da sind“, sagt Grünebach.

Über den baulichen Zustand der ehemaligen Kirche gehen die Meinungen auseinander. Während das Landesdenkmalamt das Gebäude in einem insgesamt passablen Zustand sieht, teilt die Bauabteilung des Bistums diese Auffassung nicht. „Nach dem Urteil hat die Bauingenieurin des Bistums erneut kalkuliert, was für die Instandsetzung des Gebäudes fast 1,8 Millionen Euro anfielen – dann hätten wir aber immer noch keinen Nutzer“, rechnet Grünebach vor.

Auch in einem weiteren Punkt widerspricht die Kirchengemeinde dem Verwaltungsgericht. Dies hatte – in Übereinstimmung mit dem Landesdenkmalamt – argumentiert, dass es neben dem Investor einen zweiten Interessenten für die Immobilie gegeben habe, der unter Einhaltung der Auflagen des Denkmalschutzes Wohnungen in das Kirchenschiff bauen würde. Der um 200.000 Euro günstigere Kaufpreis sei der Kirchengemeinde zumutbar. „Es gab keine zwei Kaufangebote“, stellt Grünebach klar. Der zweite Interessent habe kein Konzept vorgestellt, das eine erfolgreiche Vermarktung der Immobilie unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes erwarten ließ. Mehr als die Absichtserklärung, die Fassade stehen zu lassen und Wohnungen einzuziehen, sei es nicht gewesen. Kalkulationen zu Baukosten seien nicht angestellt worden. „Der Interessent wollte selbst nicht als Bauherr tätig werden, sondern wollte dafür binnen eines Jahres einen Projektträger finden. Wenn er diesen nicht gefunden hätte, hätte er vom Angebot Abstand nehmen können“, sagt Grünebach.

Dass es überhaupt sinnvoll möglich ist, in das Kirchenschiff Wohnungen zu integrieren, bezweifelt die Kirchengemeinde. „Es ist die Besonderheit dieser Kirchenfenster, dass sie kaum Licht in den Kirchenraum lassen. Die Fenster sind so gefärbt, dass sie keinen Durchblick ermöglichen.“ Da an den denkmalgeschützten Fenstern keine Änderungen erlaubt sind, wäre es im Innern der Wohnungen äußerst dunkel. Auch der Preis für die vier Wohnungen dürfte angesichts der notwendigen Investitionen im Luxussegment liegen – in einem sozial schwachen Viertel Saarbrückens. „In diesem Viertel gibt es noch kein Seniorenheim. Die Menschen hier werden alt und wünschen sich, in ihrer vertrauten Umgebung bis zum Schluss leben zu können. Für uns als Kirche überwiegt neben dem finanziellen Grund auch unsere soziale Verantwortung für die Menschen im Viertel“, sagt Grünebach.

Die Entscheidung, ob die Berufung zugelassen wird, liegt nun beim Oberverwaltungsgericht. Wann mit einer Entscheidung gerechnet werden kann, ist offen.

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